Büchereien und Bibliotheken: Die Welt der Bücher für Kinder

Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken, Kitas und Familien

Publiziert am 21.07.2022 von Susanne Brandt

"Lange Reihen mit Büchern, in denen ganze Welten auf mich warten ... ein richtiger Zufluchtsort", so beschreibt eine Kollegin ihre Kindheitserinnerung an Büchereien. Die Welt der Bücher ist eine ganz besondere! Geschichten und Bücher bringen Körper und Seele, Gedanken und Emotionen in Bewegung. Umso wichtiger ist es, dass bereits Kinder mit Büchern und Geschichten in Kontakt kommen. Besonders gut gelingt dies in Büchereien und Bibliotheken. Was macht diese Orte zu besonderen Treffpunkten für Buchliebhaber und Familien? Unsere Autorin Susanne Brandt gibt einen Einblick in die Arbeit öffentlicher Büchereien und gibt Tipps, wie die Zusammenarbeit zwischen Familien, Kita und Bibliothek gelingt.

Bücher: eine neue Welt entdecken

„Immer, wenn du ein Buch aus der Hand legst und beginnst, den Faden eigener Gedanken zu spinnen, hat das Buch sein angestrebtes Ziel erreicht.“ Janusz Korczak

Geschichten und Bücher bringen Körper und Seele, Gedanken und Emotionen in Bewegung. Schon bei kleinen Kindern lässt sich beobachten, wie aktiv und interessiert sie auf die Bilder reagieren, die sie in Büchern entdecken, wie sie sich durch Geschichten zu eigenen Ideen anregen lassen. Und wie sehr sie die Zuwendung genießen, die mit dem Vorlesen und Erzählen verbunden ist.

Bibliotheken: Orte der Begegnung

Ein Ort, an dem das alles immer wieder und immer wieder anders geschieht, ist die Bibliothek. Meistens ist der Weg dorthin nicht weit. Denn Öffentliche Bibliotheken in kommunaler oder kirchlicher Trägerschaft gibt es auf Dörfern ebenso wie in den Bezirken der Großstädte. Selbst ganz kleine Orte werden manchmal von einer Fahrbücherei besucht.
Und besonders spannend: Jede Bibliothek ist anders, weil sie durch die Menschen geprägt ist, die sich dort begegnen. Dazu kommt, dass die Medien- und Veranstaltungsangebote in jeder Bibliothek so gestaltet werden, dass sie gut zu den Interessen der Menschen, die im Umfeld leben, passen: mit Eltern-Kind-Gruppen, Kamishibai-Vorführungen, musikalischen Vorlesestunden oder Kreativ-Workshops zum Beispiel.
Dabei gilt: Wertvoll sind nicht allein die Geschichten, die in den Büchern stehen oder mit dem Kamishibai erzählt werden. Wertvoll sind ebenso die Geschichten, die in Bibliotheken durch Menschen entstehen. Ganz besonders durch Kinder – denn oft erweisen gerade sie sich in Bibliotheken als Geschichtenerfinder. In rund 35 Jahren Berufspraxis in und mit Bibliotheken für Kinder und Familien habe ich das unzählige Male selbst erleben können.

Bibliotheken: Orte der Inspiration

Warum sind speziell Bibliotheken als offene Orte der Begegnung und Inspiration so wichtig, um bei Kindern das freie und spontane Erzählen zu fördern? Bemerkenswert ist, dass die Inspiration zum spontanen Erzählen als Ausdruck eigener Ideen und Vorstellungen – anders, als manche es von einer Bibliothek vielleicht erwarten – oftmals nicht direkt mit einem bestimmten Buch den Anfang nimmt.
Beim genaueren Hinschauen und Zuhören jedoch wird deutlich: Die frei erzählenden Kinder schöpfen aus einem Erfahrungsschatz, der von Büchern und Geschichten mit genährt worden ist. Denn um eine Geschichte zu erfinden, braucht es Erfahrungen mit dem Wesen und Aufbau von gehörten und (vor-)gelesenen Geschichten, wie sie z.B. durch die gegliederte Erzählweise beim Kamishibai vermittelt werden.
Offene Räume, frei zugänglich und nicht-kommerziell, dazu am besten fußläufig in der Nachbarschaft zu erreichen, sind Orte, an denen solche Erfahrungen eine Chance bekommen. Und eben solche Räume bieten Bibliotheken.

Mit Worten wachsen - wie hier in den Büchereien von Schleswig-Holstein; Foto: L. Wetendorf / Büchereizentrale Schleswig-Holstein

 

Bibliotheken: Orte für Familien

Wenn eine junge Familie mit Kindern Zeit in einer Bibliothek verbringen möchte, wird weder ein Eintrittsgeld noch eine Mitgliedschaft verlangt. Zu den Öffnungszeiten sind alle eingeladen, die sich hier aufhalten und anregen lassen möchten: von Büchern, von Bildern, von Spielen, von Kamishibai-Geschichten, von vielfältigen Vorlese- oder Kreativ-Angeboten zum Mitmachen. Und von der Begegnung mit anderen Menschen.
Wer nachmittags in eine Öffentliche Bibliothek kommt, spürt, dass hier längst nicht mehr Stille und Flüstern eingefordert werden. Da wird in vielen verschiedenen Sprachen erzählt, da wird gesungen und gelacht. Eltern genießen den zwanglosen, oft zufälligen Kontakt zu anderen Eltern, während die Kinder den freien Umgang mit verschiedenen Medien erproben, stöbern und staunen über das, was sie da alles entdecken können – und davon erzählen!

Bibliotheken: Zusammenarbeit mit Kita-Gruppen

Oft sind es übrigens die Kinder selbst, die ihre Eltern dazu bringen, mit ihnen in die Bibliothek zu gehen. Denn die meisten Bibliotheken pflegen regelmäßige Kontakte mit Kita-Gruppen. Und wenn die Kinder dann zuhause von ihren Kita-Erlebnissen in der Bibliothek berichten, ist damit oft der Wunsch verbunden, nun auch mit den Eltern nochmal dort hinzugehen. So kommt den Kitas als Mittlerinnen zwischen Bibliothek und Familie eine Schlüsselrolle zu.

Zusammenarbeit von Bibliotheken, Familien und Kitas

Angebote wie diese stärken eine gute Zusammenarbeit zwischen Familie, Kita und Bibliothek:

  • Kita leiht sich Bücherkisten aus der Bibliothek aus, in denen die Kinder jeweils ihr persönliches „Lieblingsbuch“ entdecken können. Das dürfen sie dann in einer schönen Tasche übers Wochenende mit in die Familie nehmen.
  • Kita lädt Mitarbeitende aus der Bibliothek zum Elternabend ein, um dort das Angebot der Bibliothek für Familien vorzustellen.
  • Kita veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Bibliothek „Papa-Samstage“, bei denen Väter mit ihren Kindern gemeinsam kreativ werden.
  • Bibliothek bietet regelmäßig offene „Geschichtenzeiten“ zum Vorlesen, Singen, Erzählen an, bei denen Kinder und ihre Familien auch spontan herzlich willkommen sind.
  • Bibliothek geht raus aus den eigenen Räumlichkeiten und beteiligt sich mit mobilen Vorleseangeboten, Kamishibai-Vorführungen im Freien oder Stöberkisten an Straßenfesten, Kita-Projekten, Nachbarschafts-Aktionen etc.
  • Bibliothek bietet für junge Familien mit Kindern zwischen 1 und 3 vormittags Eltern-Kind-Treffs in der Bibliothek an.
  • Und ganz wichtig: Die Bibliothek ist einfach offen und einladend für alle – mit großzügigen Öffnungszeiten, in der Nachbarschaft, ohne Eintrittshürden, als Ort für Entdeckungen, Begegnungen, gemeinsam verbrachte Zeit in geschützter und inspirierender Atmosphäre.

Denn: Die beste Motivation für Familien mit und ohne internationaler Geschichte, eine Bibliothek zu besuchen, ist tatsächlich die Entdeckerlust der Kinder – oder die Aussicht, dort andere Väter und Mütter in gemütlichen, großzügigen und gastfreundlichen Räumen zu treffen. Da ist mehr Platz als zu Hause in der kleinen Wohnung. Da ist es bei Regen gemütlicher als auf dem Spielplatz und der Aufenthalt ist nicht an eine Bestellung gebunden – wie etwa in einem Café.

Bibliotheken: Sprach- und Leseförderung nebenbei

Bibliotheken sind Orte, in denen Sprach- und Leseförderung oft nebenbei geschieht – einfach, weil dort von den Begegnungen wie von dem Medienangebot eine sprachanregende Wirkung ausgeht. Und weil Geschichten es in dieser Atmosphäre leicht haben, zur Welt zu kommen.
So werden Kinder und Familien zwanglos, spielerisch und fantasievoll vertraut mit der Welt der Worte und Geschichten – in kleinen kirchlichen Bibliotheken auf dem Lande, mit Bücherbussen, die z.B. in Schleswig-Holstein an vielen Kitas Station machen, wie auch in den Zweig- und Hauptstellen der großen Stadtbibliotheken. Mit Worten wachsen – das beginnt in Familien und Kitas und findet in Bibliotheken viel Raum zur freien Entfaltung.

Links zum Weiterlesen

Grundlagen zum Thema:

Erfahrungsberichte:

Susanne Brandt, Kinder- und Praxisbuchautorin. Sie arbeitet als Lektorin bei der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, schreibt Lieder und Lyrik und engagiert sich in der Kulturarbeit mit Kindern sowie in der Integrationsarbeit.

Lorenz Pauli

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