Der kleine Siebenschläfer lernt teilen

Von der Entwicklung einer wunderbaren Fähigkeit

Publiziert am 25.06.2020 von Eva-Maria Maywald

Teilen – das ist für uns Erwachsene auch nicht immer leicht. Aber zumindest halten die meisten von uns es für ein sinnvolles Konzept und wir wissen, es verbessert das Miteinander und stärkt den Gemeinschaftssinn. Kinder lernen erst mit der Zeit den Sinn und auch die Freude des Teilens. Wie können wir das unterstützten? Und kann ein Siebenschläfer mit seiner Schnuffeldecke dabei helfen?

Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer für U3-Kinder

Hach, so eine kuschelige Schmusedecke, so ein schmusiges Kuscheltuch, so eine knuffelige Schnuffeldecke! Die riecht nach Zuhause, nach Mama und Papa, die fühlt sich an wie Geborgenheit und Gemütlichkeit. Überall muss sie mit hin und gewaschen werden darf sie nur im Notfall. Verleihen? Niemals! Oder vielleicht doch… aber nur gaaanz kurz!

In der „Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der seine Schnuffeldecke nicht hergeben wollte“ teilt der kleine Siebenschläfer, der das zuerst gar nicht will, dann doch mit den anderen Tieren. 0- bis 3-Jährige können sich in diesem Verhalten, nicht teilen zu wollen, sehr gut wiedererkennen. Sie können nachempfinden, dass der Siebenschläfer seine Schnuffeldecke natürlich nicht (ist doch klar, oder?) teilen will und wundern sich einfach darüber, warum er es dann doch tut. Kinder in diesem Alter müssen nicht bewusst zum Teilen ermuntert werden. Sie beobachten das Konzept des Teilens in Aktion, in der Geschichte und im echten Leben bei älteren Kindern und Erwachsenen, und spüren, dass es mit einer positiven Atmosphäre einhergeht. Das ist für das Gehirn von U3-Kindern Anreiz genug, um dieses Verhalten in entwicklungsgemäßem Tempo anzustreben.

Sollen U3-Kinder teilen können?

Die meisten der Kinder von 3–4 behielten die Schokolinsen, die sie bekommen hatten, für sich. Das fand Ernst Fehr von der Universität Zürich bei spielerischen Experimenten mit 229 Kindern zwischen drei und acht Jahren heraus. Erst im Alter von 7–8 Jahren war ungefähr die Hälfte der Kinder zum Teilen bereit. Aus Erwachsenensicht wirkt das vielleicht egoistisch, und doch ist es ein ganz normaler Entwicklungsprozess eines Wesens, das zunächst komplett von seiner Umgebung abhängig ist und nehmen muss, was es bekommt. Aus dieser Sicht ist es verständlich, dass ein Kind nicht freigiebig hergibt, was es bekommen hat, denn es kann sich ja nicht selbst Nachschub beschaffen und weiß nicht, wann es wieder etwas gibt. Alles, was sich außerhalb seiner direkten Wahrnehmung befindet, existiert nicht, auch keine Schokolinsen, wenn es sie nicht sehen kann. Wenn wir also von kleinen Kindern das Teilen einfordern, verlangen wir etwas, das dem berechtigten und natürlichen Sicherheitsbedürfnis der Kinder entgegensteht.

Teilen und Empathie

Um den Sinn des Teilens wirklich zu verstehen und zu spüren, braucht es auch die Fähigkeit, sich in andere Menschen und deren Bedürfnisse einzufühlen. Auch diese entwickelt sich bei Kindern erst allmählich. Wir Menschen sind soziale Wesen. Auf Englisch sagt man „ we are wired for connection“, was so viel heißt wie „wir sind für Verbindung verkabelt“. In Kontakt sein und dazugehören zu wollen, das ist in unserem Gehirn und Nervensystem bereits angelegt. Wir werden mit der passenden "Verkabelung" geboren. Alles, was Kinder brauchen, ist Zeit, erwachsene Vorbilder und unser Vertrauen in die ganz natürliche Entwicklung dieser wunderbaren menschlichen Eigenschaften.

Siebenschläfer-Spiel für Kinder unter 3 Jahren

Die Kinder sitzen oder stehen im Kreis. Ein*e Erzieher*in ist der Siebenschläfer und hat mehrere „Schnuffeltücher“ in einem Körbchen. Der Siebenschläfer geht im Kreis herum und legt einem Kind ein Schnuffeltuch auf. Dieses Kind schläft daraufhin ein. Nach und nach werden immer mehr Kinder zugedeckt und schlafen ein. Der Siebenschläfer nimmt die Tücher auch wieder hoch und weckt die Kinder damit wieder auf. Das geht so lange, bis alle Kinder einmal „geschlafen“ haben. Am Schluss können alle Kinder, die mögen, gemeinsam zur Mitte unter eine Decke oder ein aufgespanntes Tuch kriechen. Oder jedes Kind hat ein eigenes Tuch und alle rücken ganz nah und kuschelig zusammen. So, wie es für eure Kinder und Gruppe stimmig ist. Das ist dann eine wunderbare Alleuntereinerdeckedecke, wie in der Geschichte vom Siebenschläfer.

>>> Zum Weiterlesen ein Artikel zum entwicklungsgerechten Umgang mit dem Thema "Teilen" bei Geschwisterkindern auf Elternmorphose. Weitere Infos zu den Untersuchungen von Ernst Fehr finden sich im Netz.

Sabine Bohlmann

Die Geschichte vom kleinen Siebenschläfer, der seine Schnuffeldecke nicht hergeben wollte. Kamishibai Bildkartenset

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