Zuhörkompetenz fördern ab Klasse 1

Eintauchen in die Welt des Regenbogenfischs

„Das Zuhören ist eine Kunst an sich.
Wenn wir mit stillem und konzentriertem Geist zuhören ist es möglich,
tatsächlich für das empfänglich zu werden, was die Worte sagen.“
Joseph Goldstein

Wie oft habe ich bereits folgendes Szenario erlebt: Unterricht - ich gebe den Schülerinnen und Schülern einen Arbeitsauftrag und merke spätestens bei dessen Ausführung: Das ist nicht so ganz angekommen. Mein Kopf setzt eine Denklawine in Gang. Habe ich etwas zu kompliziert formuliert? Zu lange gesprochen? Nicht deutlich genug gesagt, was verlangt wird?
Eine Erklärung für das Problem liefert meist die genaue Betrachtung der Zuhörsituation. Da war die Schülerin, deren Blick immer wieder aus dem Fenster abschweifte. Der Schüler, der zu spät kam, weil er einen Pausenstreit klären musste. Die Aufgeweckte, die unentwegt auf ihrem Stuhl hin und her rutschte und kaum die Füße stillhalten konnte. Und der Schüler, der gerade große Probleme zu Hause hat.

Zuhören ist nicht nur stillsitzen und abwarten

Es ist ein aktiver Prozess, während dem das Thematisierte bereits durchdacht und verstanden wird. Die zunehmende Dauerberieselung mit akustischen Reizen im Fernsehen, am Tablet oder Smartphone überfordert das auditive System und lässt Kindern immer weniger Zeit zum genauen Hinhören und Lauschen. Mit dem Kamishibai kann die Zuhörkompetenz bereits ab Klasse 1 gezielt gefördert werden.
Dies habe ich mit einer Unterrichtsreihe zu dem Bildkartenset ‚Der Regenbogenfisch’ in der ersten Klasse einer Förderschule mit dem Schwerpunkt emotional-soziale Entwicklung getan.
Bevor sich die Türen des Kamishibais öffnen, werden zum Einstieg zunächst Zuhör-Tipps mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet, um sie in eine aufmerksame Zuhörposition zu bringen.


 
Für motorisch unruhige Kinder können Hilfsmittel zur Lenkung der Aufmerksamkeit, wie kinästhetische Knete zur leisen Beschäftigung der Hände oder Schultertiere (kleine granulatbefüllte Stofftiere, die nicht von der Schulter rutschen dürfen) verwendet werden.
Um eine besonders anregende Zuhöratmosphäre zu schaffen wird der Raum verdunkelt und ein Wellenprojektor eingeschaltet. Dadurch werden ablenkende Hintergründe ausgeblendet. Bevor schließlich die Geschichte vorgelesen wird, erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Hörauftrag, zu dessen Beantwortung sie aufmerksam zuhören müssen, z.B. „Mit welchen Meeresbewohnern spricht der Regenbogenfisch?“. Sobald sich alle Schülerinnen und Schüler in ihrer Zuhörposition eingefunden haben, markiert eine Spieluhrmelodie den Beginn der Geschichte und stimmt auf das Zuhören ein. Dann werden die einzelnen Bildkarten am Kamishibai vorgelesen. Besonders die bunt glitzernden Schuppen des Regenbogenfisches bringen die Kinderaugen zum Staunen und unterstützen die Zuhörsituation. Nachdem die Lehrkraft die Geschichte vorgelesen hat, wird der gehörte Ausschnitt im Regenbogenfisch-Buch gezeichnet und beschrieben. Am Ende der Stunde dürfen besonders gute Zuhörer in die Schatztruhe greifen und sich einen Glitzerstein aussuchen – ob sie ihn behalten oder wie der Regenbogenfisch verschenken liegt dann ganz bei ihnen.

Materialien - Zum Vergrößern die Bilder anklicken:

 

Weitere Einsatzmöglichkeiten des Kartensets in der Schule:

  • Ethik: auf eine Glitzerschuppe schreiben, was man am anderen toll findet und die Schuppe verschenken
  • Sozialkundeunterricht: zur Einführung in die Themenwelt Wasser
  • Mathematik: Teilen (Division), Zählen (z.B. Glitzerschuppen)

Tipp:

Ein weiterer Pluspunkt für die Nutzung des Bildkartensets im Unterricht ist das Zusatzmaterial, das auf der Internetseite des Regenbogenfisch-Autors Marcus Pfister zum Download bereitgestellt wird. Dort finden sich zahlreiche Ausmalvorlagen und Bastelideen.

Miriam hat Sonderpädagogik an der Universität Landau studiert und ist aktuell im Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Förderschulen in Nordrhein-Westfalen. Dort arbeitet sie an einer Klinikschule mit Kindern und Jugendlichen mit sozial-emotionalem Förderbedarf.
Instagram: foerderland