Weihnachten für alle

Interview mit Susanne Brandt über Vorfreude, Erwartungen und die solidarische Kraft des Festes

Publiziert am 24.10.2019 von Susanne Brandt

In der Weihnachtsgeschichte Willi, Pirat und der geheimnisvolle Weihnachtsbrief können wir viel von der elementaren und solidarischen Kraft des Weihnachtsfestes spüren und teilen, ohne Menschen anderer Religionen dabei zu vereinnahmen. Ein Interview mit der Autorin Susanne Brandt über Erwartungen, Vorfreude und die Welt der Kinder heute.

Alle bekommen Weihnachtspost

Redaktion: In Ihrer Geschichte Postbote Willi, Pirat und der geheimnisvolle Weihnachtsbrief geht es um einen Briefträger, der in einem kleinen Dorf im Advent Weihnachtspost verteilt. Im Dorf leben Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Religionszugehörigkeit. Warum war es Ihnen wichtig, das zu zeigen?

Susanne Brandt: Mir war und bleibt das wichtig, weil das einfach die Realität ist, in der wir leben. Und die kommt in Bilderbüchern leider immer noch viel zu wenig zum Ausdruck. Ich erfahre diese Vielfalt in meinem Alltag als etwas sehr Lebendiges. Sie gehört zu unserem Menschsein wesentlich dazu. Deshalb möchte ich ganz selbstverständlich und warmherzig davon erzählen. Gerade zu Weihnachten können wir verschiedene Zugänge finden und etwas von der elementaren und solidarischen Kraft des Festes spüren und teilen, ohne Menschen anderer Religionen dabei zu vereinnahmen. Ich bin der Illustratorin Anne Marie Braune sehr dankbar, dass sie dieses Anliegen mit der ihr eigenen Leichtigkeit und Liebe zu den kleinen feinen Details und Ideen mit so viel Farbigkeit und einer Prise Humor aufgenommen hat.

 

Eine Botschaft, mit der jede*r etwas anfangen kann

Redaktion: Für eine Weihnachtsgeschichte ist die Handlung ein wenig ungewöhnlich. Es gibt zwar eine Adventsfeier mit Plätzchen und Tee, doch keinen Adventskranz, keine Kerzen und keine vorweihnachtlichen Lieder. Und auch am Ende ist nicht vom bevorstehenden Weihnachtsfest die Rede. Dennoch gibt es eine „Frohe Botschaft“ in der Geschichte. Wie kommt Weihnachten doch noch ins Spiel?

Susanne Brandt: Es geht in der Geschichte zunächst um eine zutiefst adventliche Erfahrung, nämlich um Erwartungen und um Vorfreude, wie sie der Postbote bei vielen Menschen erlebt. Außerdem sollte in der Geschichte auf jeden Fall deutlich werden, was es heißt, Beziehungen zu vertiefen, auf Frieden zu hoffen und die gleichwürdige Begegnung unter Menschen als Freiheit zu entdecken. Denn diese Erfahrungen stehen im Zentrum der „Frohen Botschaft“. Und noch etwas war mir beim Schreiben wichtig: Die Weihnachtsgeschichte, wie wir sie aus der biblischen Überlieferung kennen, ist ja von manchen Herausforderungen, Mühen und Schwierigkeiten geprägt. In allem aber gibt es diese Hoffnung, dass mit Zuversicht, Vertrauen und Improvisation aus der Not heraus etwas Neues geschehen kann. Statt Resignation und einem Gefühl von Ohnmacht erfahren Menschen: Es ist gut, sich auf den Weg zu machen und offen zu bleiben für das Überraschende. Darum geht es in der „Willi-Geschichte“ auch. Und ein dritter Gedanke: Oft wird im Kontext von Weihnachten eine idyllisch anmutende Familiensituation beschrieben, die viele Kinder so in der Realität nicht erleben. Mein Anliegen war es, in der Geschichte zu zeigen, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebenserfahrungen und -formen gemeinsam ein schönes Fest feiern können. Gerade weil das alles hier nicht mit den gängigen Attributen wie Glitzersternen, Engel und Weihnachtsmann überfrachtet wird, kommen die Kinder und Erwachsenen der eigentlichen „Frohen Botschaft“ vielleicht anders und deutlicher auf die Spur.

 

Die Sehnsucht nach echter Beziehung

Redaktion: In der Geschichte werden viele Briefe transportiert, die Freude bringen und persönliche Inhalte haben. Heute bringen Postboten eher unpersönliche Post, Rechnungen und Päckchen, persönliche Inhalte werden in der Regel über WhatsApp und digitale Medien ausgetauscht. Der handgeschriebene Brief scheint einer vergangenen Zeit und der kulturellen Praxis unserer Großeltern anzugehören. Weshalb dreht sich in der Geschichte alles um Briefe?

Susanne Brandt: Die Briefe stehen in dieser Geschichte für eine tiefere Form des Austausches, die genauer nachfragen lässt: Wer denkt da an mich? Was möchte ich anderen mitteilen? Wer macht sich die Mühe, einen schönen, bleibenden Gruß zu mir auf Reisen zu schicken? Genau diese Fragen spielen ja bei der flüchtigen Online-Kommunikation eine andere oder gar keine Rolle mehr. Dennoch gibt es auch weiterhin diese Sehnsucht nach echter Beziehung und Zuwendung. Das spüren Kinder auch dann, wenn sie noch gar nicht schreiben können oder vielleicht nie einen Brief schreiben werden. Und noch etwas anderes lässt sich über Briefe gut vermitteln: Sie brauchen Aufmerksamkeit und haben einen Wert, der nicht materiell zu bemessen ist. Da stellt sich die Frage: Wie gehen wir mit Dingen – mit Ressourcen, wenn man so will – um? Macht es uns etwas aus, wenn Dinge einfach verloren gehen, in den Müll wandern und als wertlos angesehen werden? Die Briefe in der Geschichte mögen etwas „aus der Zeit gefallen“ wirken – die Fragen, die in der Geschichte daran geknüpft sind, bleiben hochaktuell.

 

Mit Willi und Pirat durch die Adventszeit

Redaktion: Das Bildkartenset ist ja als Adventskalender angelegt: Mit jeder neuen Bildkarte erfährt man mehr über das Dorf und seine Bewohner. Wie und wo lässt sich das Bildkartenset einsetzen?

Susanne Brandt: Ganz unterschiedlich und flexibel. Der „Klassiker“ wäre tatsächlich die Adventskalender-Form, bei der die Geschichte Tag für Tag in der Kita oder Grundschule ein kleines Stück weitererzählt wird und am Wochenende sogar kleine Anregungen zum gemeinsamen Tun eine Weiterbeschäftigung ermöglichen (eine Kostprobe davon gibt es im Gratis-Download). Ebenso ist aber auch ein anderer Rhythmus möglich: Denn in manchen Einrichtungen ergeben sich vielleicht nur einmal pro Woche solche Erzählzeiten. Dann wird der Text einfach in größere Abschnitte unterteilt und von Woche zu Woche erzählt. Ebenso ist es möglich, die Geschichte in einem Rutsch zu erzählen. Das könnte dann vielleicht zu einem besonderen Anlass geschehen – wie z.B. als eine Art Theaterstück im Rahmen einer Weihnachtsfeier mit Eltern und Großeltern. Wie auch immer: Alles was man zum Erzählen und für die Anregungen drumherum braucht, ist in dem Set enthalten. Das erleichtert die Vorbereitungen und erlaubt es, die Erzählzeiten mit dem Kamishibai entspannt in den Alltag vor Weihnachten zu integrieren.

Weihnachtsgeschichte für Kita und Grundschule

Susanne Brandt

Postbote Willi, Pirat und der geheimnisvolle Weihnachtsbrief. Adventskalender.

Entdecken - Erzählen – Begreifen: Kalender.

Bilderbuchkino für die Weihnachtszeit: Jeden Tag eine kleine Szene aus der Geschichte, ein Lied oder eine Bastelidee. Kommt die Weihnachtspost noch an?

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Lieferbar

Für Kamishibai-Erzähler gibt es weitere Adventskalender-Bildkartensets:

  • 24x Advent im Erzähltheater Kamishibai: Ein Adventskalender rund um religiöse Feste und Brauchtum im Advent. In diesem Bildkartenset dreht sich alles um die Bräuche und Feiertage im Advent, um die Festvorbereitungen in der Familie und die Geburt des Christkindes im Stall.
  • Nischa packt Geschenke: Brauchtum im Advent aus kindlicher Perspektive erlebt. In dieser Adventskalender-Geschichte lernen die Kinder Nischa kennen. Wie erlebt Nischa die Bräuche des Advents? Welche Geschenke hat sich Nischa für ihre Familie und Freunde ausgedacht? Ergänzend gibt es neun auf die Rahmengeschichte abgestimmte Ausmal- und Bastelvorlagen zum Download.
  • Im Adventskalenders für das Kamishibai „ Alle Tiere nah und fern wollen gern zum Weihnachtsstern“ macht sich das Hirtenpaar auf den Weg zu dem Ort, über dem der Stern strahlt. Mit dabei sind ihre zehn Schafe. Und noch jemand gesellt sich dazu: Welches Tier begleitet das Hirtenpaar und die Schafherde?

Mit dabei in allen Kamishibai-Adventskalendern: Für die Wochenenden und die Tage, an denen die Kinder nicht in der Einrichtung sind, gibt es neun auf die Rahmengeschichte abgestimmte Ausmal- und Bastelvorlagen zum Download.

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