Ein Missgeschick und eine "dicke, fette Lüge"

Eine Kindergeschichte von Streit und Versöhnung

Publiziert am 28.06.2016 von Kamishibai Redaktionsteam

Die Bilderbuchgeschichte „Ich war das nicht!“ schildert einen Konflikt um Fehler, Lüge und Streit, der Kindern im Alltag oft begegnet. Ein Beitrag zum Thema "Fehlerfreundlichkeit"– und über die versöhnende Kraft des Spielens.

Wenn aus Fehlern Lügen werden

„Du dumme Kuh!", brüllt Leo Klara an. „Ich hab doch gesagt, du sollst die Finger davon lassen!“ – Klara hat aus Unachtsamkeit Leos selbstgebautes Spielzeug kaputt gemacht und Leo ist stocksauer. Doch Klara schämt sich, ihren Fehler zuzugeben und lügt erst einmal: „Ich war das nicht! Das war der Hund!“ Und schon sind beide in einen handfesten Streit verwickelt. Die Bilderbuchgeschichte „Ich war das nicht!“ (von Lydia Hauenschild, illustriert von Antje Bohnstedt) schildert einen Konflikt um Fehler, Lüge und Streit, der Kindern im Alltag oft begegnet. Hierzu ein Impuls für Ihre Kamishibai-Runde.

Von Fehlern und Fehlerfreundlichkeit

Klara will ihren Fehler zunächst vertuschen. Das ist verständlich – dass Fehler etwas Schlechtes sind, wird den meisten Menschen schon im Kindesalter eingeimpft. Dabei hat es sich unter uns Erwachsenen eigentlich schon herumgesprochen, dass Fehler nicht einfach nur schlecht sind, sondern vor allem dafür da, um daraus zu lernen. Das steckt hinter dem Begriff "Fehlerfreundlichkeit". Trotzdem schauen die allermeisten erst einmal auf den Schaden, den ein Fehler anrichtet und den sie vermeiden möchten. Und so reagieren mitunter auch Erwachsene in solchen Situationen wie Klara; vielleicht lügen sie nicht so unbeholfen wie sie („das war der Hund!“), sondern suchen Ausreden, Ausflüchte oder schieben die Schuld auf andere, die Umstände, die Ausgangsituation usw. Das bekommen natürlich auch die Kinder mit – und machen es uns nach. Und wir verstärken diese Strategie noch, wenn wir die Kinder ausgiebig schimpfen, wenn sie etwas falsch machen: So dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie einmal mehr die Flucht in die Lüge oder faule Ausreden antreten und die Fehler gar nicht mehr als Korrektiv wahrnehmen – was diese eigentlich sind. Deshalb sollten wir bedenken, wenn wir das nächste Mal empört über eine Kinderlüge sind: Warum war da die Lüge und wo liegt das Problem? Wie können wir es lösen?

Konfliktlösung durch Spiel(e)

Bei der Geschichte von Klara und Leo geht es aber nicht nur um Streit und Versöhnung, sondern auch um Konfliktlösung. Denn die Geschichte von Leo und Klara geht gut aus: Klara erkennt, dass sie Leo verletzt hat – zuerst durch ihre Unachtsamkeit und dann, weil sie sein Vertrauen missbraucht und ihn belogen hat. Das tut ihr leid und sie entschuldigt sich bei Leo. Klara will sich mit Leo versöhnen und vor allem will sie ihren Fehler wiedergutmachen. Schließlich kann sie das Problem lösen, indem sie Leo zu einem neuen Spiel bewegen kann. So können Klara und Leo den Konflikt beenden und beide haben eine wertvolle Erfahrung gemacht.

Erzieherinnen wissen wie alle Sozialpädagogen um die Macht des Spiels. In Spielen können Konfliktsituationen nachempfunden werden und tatsächliche Konflikte durch spielerische Methoden entschärft und gelöst werden – nicht unbedingt gerade dann, wenn es knallt, sondern wenn sich die Gemüter etwas beruhigt haben oder zur Prävention: Kinder lernen in Spielen zum Umgang mit Konflikten oder zum Abbau von Aggressivität, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu äußern und sie üben den Umgang mit Wut und Aggression ein. Das fördert die Zusammenarbeit und die Achtsamkeit. Und sie lernen Strategien kennen, um unterschiedliche Interessen auszuhandeln. Auch jüngere Kinder können sich damit schon „abreagieren“ und ihrem Unmut in gelenkten Bahnen Ausdruck verleihen, z.B. mit einem Ballspiel mit einem Soft- oder Schaumball (aus: Andrea Erkert, Die 50 besten Spiele zum Abbau von Aggressivität):

Das Spiel: "Der heiße Ball"

Die beiden Kontrahenten halten einen größeren Abstand zueinander, sodass sie sich gegenseitig einen Ball zuwerfen können.
Bevor das Spiel beginnt, überlegt sich das Kind, welches gerade den Ball in den Händen hält, warum es beispielsweise vorher so wütend war. Dabei kann es auch sagen, wie es von seinem Gegenüber in Zukunft gerne behandelt werden möchte. Daraufhin wirft es den Ball. Das Kind, welches den Ball gefangen hat, wiederholt das Spiel, indem es seinen Ärger äußert. Das geht so lange hin und her, bis die Kinder sich gegenseitig all ihre Empfindungen und Wünsche mitteilen konnten.

Andrea Erkert, Erzieherin, Entspannungspädagogin, Fachbuchautorin, gibt Fortbildungen für Erzieherinnen und Unterricht in einer Grundschulförderklasse in Backnang.

Lydia Hauenschild ist Autorin von Elternratgebern und zahlreichen Kinder- und Jugendbüchern. Mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen lebt sie in Dirmstein (Rheinland-Pfalz).

Antje Bohnstedt, Grafikerin, schuf bereits viele beliebte Bilderbuch-Illustrationen. Für Don Bosco illustrierte sie erfolgreiche Praxisbücher im Bereich Pädagogik und Kinderkirche. Mit ihren vier Kindern lebt sie in Sprantal bei Karlsruhe.

Lydia Hauenschild

Ich war das nicht! Kamishibai Bildkartenset

Entdecken - Erzählen - Begreifen: Bilderbuchgeschichten

Obwohl Leo das nicht will, spielt Klara mit seinem selbstgebauten Elefanten. Sie lässt ihn fallen, er geht kaputt und Leo ist total wütend. Werden die beiden sich wieder vertragen?

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