Weltkindertag mit Kindern, die Deutsch als Zweitsprache lernen
Am 20. September ist "Weltkindertag". Viele Städte, Gemeinden und Hilfswerke nehmen diesen Tag zum Anlass, die Interessen von Kindern zu thematisieren und auf die Lage von benachteiligten Kindern aufmerksam zu machen. Auch in vielen Kindertagesstätten und Schulen werden Projekte durchgeführt oder sind Kinderfeste mit Spiel, Spaß und Kreativität geplant. Die Vermittlung der "Kinderrechte" bzw. "Kinderrechtskonvention" findet hier ihren idealen Platz. Die folgende Praxisidee "Elfchen mit dem Kamishibai" verbindet das Thema "Kinderrechte" für Kinder im Grundschulalter mit kreativen Methoden der Sprachförderung: geeignet besonders für Kindergruppen, in denen Deutsch als Zweitsprache unterrichtet und gelernt wird.
Was ist ein "Elfchen"?
Die Form des „Elfchens“ – streng genommen aus genau 11 Wörtern in einer bestimmten Anordnung gebaut – dient als ein einfaches und leicht durchschaubares Modell, bei dem der bewusste Umgang mit Wortarten und Satzbau in besonderer Weise geübt und zugleich ästhetisch gestaltet wird. Dabei sind die formalen Vorgaben als Hilfe, jedoch nicht als Hürde zu verstehen. Eine gelungene Textgestaltung, bei der die Kinder die vorgegebene Zahl der Wörter pro Zeile vielleicht nicht ganz genau einhalten, sollte nicht als „falsch“ abgewertet, sondern in seiner individuellen Form und Ausdruckskraft als Gedicht anerkannt und gewürdigt werden.
Erste kleine „Elfchen“ zu Kamishibai-Bildern bieten für Kinder im Grundschulalter die Möglichkeit, ihre als Zweitsprache erworbenen Deutschkenntnisse kreativ anzuwenden. Übungen zu Wort- und Satzarten erfahren dabei eine spielerische Vertiefung. Das beglückende Erfolgserlebnis, mit der neu erlernten Sprache ein kleines „Kunstwerk“ zu schaffen und die Freude an der Ästhetik von Bild und Poesie unterstützen die Motivation und Lust am Lernen. Nicht zuletzt trägt die damit verbundene Betrachtung von Illustrationen im Kamishibai-Erzähltheater als Impuls für das Schreiben dazu bei, Motive und Bildelemente genau wahrzunehmen, zu deuten und mit den eigenen Gedanken und Gefühlen zu verbinden.
Aus der Praxis:
"Elfchen" zu Kamishibai-Bildkarten selber verfassen mit dem Bildkartenset "Kinderrechte"
Für das nachfolgend beschriebene Praxisbeispiel werden als Bildmaterial die Bildtafeln "Wir haben Rechte" genutzt, weil dort jedes Bild für sich Stimmungen, Gefühle und Alltagssituationen beschreibt und ohne Worte eine kleine Geschichte erzählt, die nicht durch eine ausformulierte Handlung vorgegeben, sondern von den Kindern selbst direkt aus den Bildern „herauszulesen“ ist. Das gibt den Kindern eine große Interpretationsfreiheit bei allem, was sie auf den einzelnen Bildern entdecken. Außerdem lassen sich mit den dort dargestellten Motiven Bezüge zu eigenen Alltagserlebnissen und -emotionen herstellen. Das wiederum ist eine gute Voraussetzung, um mit den „Elfchen“, die dazu entstehen, Worte für eigene Gefühle und Wahrnehmungen zu finden. Die Praxisanregung ist auch als Download verfügbar (siehe unten).
Das Ziel: Spaß an den eigenen Ausdrucksmöglichkeiten
- Einfache Gestaltungsmittel in Bild und Sprache entdecken und kreativ anwenden
- Bild und Sprache als Ausdruck von eigener Identität und Gefühlen erleben
- Sprache durch die poetische Gestaltung zu einem Kunstwerk als etwas Schönes und Kostbares empfinden
- Spaß an spielerischen, ästhetischen und kreativen Aufgabenstellungen mit gezielten Sprachübungen zu Wort- und Satzarten verbinden
Das muss vorbereitet werden
- Ausgewählte Bildkarten zurechtlegen (Bildkartenset „Wir haben Rechte!“, illustriert von Manuela Olten, Don Bosco Medien 32015)
- Erzähltheater zur Präsentation der Bilder für alle gut sichtbar aufstellen
- Den Elfchen-Bauplan bereithalten (s. unten)
- Kopien der Beispiel-Elfchen als Modell zum Verteilen an alle Kinder (s. unten)
- Papier und Schreibwerkzeug in ausreichender Menge bereithalten
Bauplan für "Elfchen" mit Bildkarten
1. Zeile: 1 Wort – Adjektiv – eine wichtige Farbe im Bild
2. Zeile: 2 Wörter – Substantiv mit Artikel – ein wichtiger Gegenstand im Bild
3. Zeile: 3 Wörter – kurzer Aussagesatz zu dem, was hier passiert.
4. Zeile: 4 Wörter – kurzer Ich-Satz – Was fällt mir besonders auf? Was ist mir dabei wichtig?
5. Zeile: 1 Wort zum Abschluss – Adjektiv zu dem, was ich dabei empfinde oder was auf dem Bild wahrgenommen wird.
So gehts
1. Die Kinder bekommen zunächst Gelegenheit, zwei oder drei im Kamishibai-Rahmen präsentierte Bilder mit viel Zeit und Ruhe zu betrachten. Wer mag, kann beschreiben, was darauf zu entdecken ist.
2. In einem zweiten Schritt wird zu zwei ausgewählten Bildern – z.B. Bild 1 und 2 – jeweils ein bereits fertiges „Elfchen“ als Modell langsam gelesen.
3. Im dritten Schritt verfassen die Kinder selbst ihre Elfchen. In der Runde werden dann passend zum jeweiligen Bild die einzelnen Elfchen von den Kindern präsentiert.
"Elfchen"-Textbeispiel zu Bild 1
grün
der Rasen
die Kinder spielen
ich kann gut rennen
schnell
"Elfchen"-Textbeispiel zu Bild 2
grau
die Straße
es regnet sehr
ich schaue ins Zimmer
warm
"Elfchen"-Textbeispiel zu Bild 4
rot
die Wand
die Augen leuchten
ich entdecke etwas Neues
schön
"Elfchen"-Textbeispiel zu Bild 10
bunt
der Garten
die Blumen blühen
wir sorgen für alles
gemeinsam
Weitere Ideen
- Solche „Elfchen“ können auch zu anderen Bildern entstehen – z.B. zu selbst gestalteten Bildwerken der Kinder. Oder zu großen Kalenderbildern, die in den DIN A3-Rahmen passen. Oder zu vergrößerten Fotos aus dem Alltagsleben.
- Vielleicht gelingt es mit etwas älteren Kindern sogar, ein deutschsprachiges „Lieblings-Elfchen“ in die Erstsprache der Kinder zu übersetzen?
- Vielfältige Anregungen und Praxismaterialien, bei denen u.a. Bildbetrachtung und Sprachförderung zur Unterstützung der interkulturellen Kommunikation im Unterricht auf verschiedene Weise verbunden werden, sind mit Beispielen und Anleitungen auf der Seite des Schweizer Netzwerkes sims „Sprachförderung in mehrsprachigen Schulen“ zu finden: www.netzwerk-sims.ch
Diese Praxisanleitung können Sie hier herunterladen:
Susanne Brandt veranstaltet Mitmachaktionen für Kinder rund ums Kamishibai und engagiert sich als Integrationslotsin in Sprachpartnerschaften für Menschen aus aller Welt. Die Bibliothekarin und Autorin von Liedern, Geschichten und preisgekrönten Gedichten sowie von pädagogischen Praxisbüchern arbeitet als Lektorin bei der Büchereizentrale Schleswig-Holstein.